Unter der Haut

«In meinem Umfeld habe ich mehrfach miterlebt, dass Angehörige mit dem Coming-Out eines nahestehenden Menschen ringen. Mich hat die Erkenntnis beschäftigt, dass nicht nur die homosexuelle Person einen oftmals steinigen Weg geht, sondern ebenso ihr Umfeld», sagt die Filmemacherin Claudia Lorenz zum Publikum im Solothurner Konzertsaal.

Mit dem Film unter der Haut wurden letzte Woche die 50. Solothurner Filmtage eröffnet. Die Geschichte: Alice und Frank ziehen mit ihren drei Kindern in eine neue Wohnung auf dem Land. Während der Alltag seinen Lauf nimmt, merkt Alice, dass Frank etwas beschäftigt. Nur langsam öffnet er sich, und je mehr er von sich preisgibt, desto weniger will Alice von dieser Wahrheit wissen. Dies ist die Geschichte einer heftigen, unausweichlichen Konfrontation zwischen zwei Ehepartnern, als Schritt für Schritt Verborgenes ans Licht kommt. In schlichten, aber emotional dichten Szenen zeichnet der Film einen Familienalltag, der – zunächst fast unbemerkt – langsam aus den Fugen gerät, als Alice und Frank nach 18jähriger Ehe in eine tiefe Krise geraten. Über den Zeitraum eines Jahres zeigt der Film die Figuren mit ihren Wünschen und ihren Grenzen, in ihrer Hilflosigkeit gegenüber einer Wahrheit, die das bisherige Leben durcheinander bringt: Denn Frank fühlt sich immer stärker von einem Mann angezogen.

Der Film zeigt den Trennungsschmerz, die Neuorientierung einer ganzen Familie und einzelner Personen. Der Film zeigt auch, dass es schwer ist, hinzusehen. Und diffuse Gefühle sichtbar zu machen.

Claudia Lorenz ist 1975 in der Schweiz geboren, in Argentinien und der Schweiz aufgewachsen.
Sie studierte zuerst Fotografie, dann Film an der Hochschule für Gestaltung und Kunst Zürich (heute Zürcher Hochschule der Künste, ZHdK). Während ihrer Ausbildung drehte sie 2003 in Buenos Aires den Dokumentarfilm PASO INVERSO, der sich mit den Folgen des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenbruchs in Argentinien beschäftigt.