Anleitung zum Glücklichsein

Sabine Gisiger, die Schweizer Filmerin, bewies grossen Mut, als sie Irvin C. Yalom für ihr Filmprojekt anfragte: Immerhin ist der heute Achtzigjährige der einflussreichste Psychotherapeut der USA, Erfinder der Gruppentherapie und Buchautor mit Millionenauflage. «Ich hatte seine Bücher gelesen, ich war begeistert davon. Und wollte dieses Erlebnis und dieses Wissen an ein grosses Kinopublikum weitergeben», erklärte Gisiger schlicht vor der bis auf den letzten Platz besetzten Reithalle in Solothurn.

Yalom zeigte sich von der Idee nicht sehr begeistert. «Ein Film über einen Mann, der sein Leben lang nur dagesessen und nachgedacht hat? Das ist doch langweilig!», antwortete er. «Diese Gefahr besteht. Aber lassen Sie das meine Sorge sein!», überzeugte ihn Sabine Gisiger. Und schuf mit Yalom’s Cure einen Film, der keineswegs langweilt. Sondern begeistert. Und uns zum Nachdenken über das eigene Leben verleitet.

Man müsste Yalom’s Cure eigentlich mehrere Male anschauen. Die Fülle der Erkenntnisse, welche der sympathisch und locker wirkende Therapeut vermittelt, ist sehr gross. Gut, dass Gisiger immer wieder ruhige Momente zum Nachdenken anbietet: Das ununterbrochen wogende Meer. Ein ruhig dahinziehendes Schiff. Eine grüne Landschaft. Da können die eigenen Gedanken wandern.

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Yalom bietet eine Reise durch die menschliche Psyche. Und vermittelt Tipps und Einsichten, wie man möglichst glücklich durchs Leben kommt. Eine wichtige Erkenntnis: Die eigene Zeit ist begrenzt. «Ziehe eine Linie, am Anfang steht die Geburt, am Ende der Tod. Und markiere den Punkt, wo du jetzt stehst», sagt er. Es könne für einige Menschen schockierend sein, zu merken, dass nicht mehr so viel Zeit bleibt. Beim Zurückblicken fühle man oft auch eine gewisse Reue über das, was man getan hat – oder (noch öfter) nicht getan hat. «Was könntest du dieses Jahr tun, damit es nichts zu bereuen gibt?», fragt er – ein guter Vorsatz fürs noch junge 2015! Ängste und Einsamkeit gehören, so Yalom, in jedes Leben. Meditation und Nachdenken können helfen, sie zu besiegen. «Ich bin jetzt 80 und spüre immer weniger Angst», sagte er über sich.

Sabine Gisiger hat einen schönen Film gemacht, mit vielen Fotos, Video-Ausschnitten aus dem Leben von Irvin und Marilyn Yalom und ihren vier Kindern – und mit Originalzitaten der gesamten Familie. Sie schenkt uns damit sozusagen eine Gratis-Therapiestunde mit dem grossen Meister. Das Publikum dankt es: «Yalom’s Cure»läuft in den Schweizer Kinos bereits die 16. Woche.