Gestern Abend nahmen Anna Pieri, Thibaut Evrard und Beat Marti in der Solothurner Reithalle die Schweizer Fernsehfilmpreise 2019 entgegen. Annina Euling wurde mit dem Spezialpreis der Jury ausgezeichnet, konnte den Preis jedoch nicht persönlich entgegennehmen. Die Schweizer Fernsehfilmpreise ehren Schauspielerinnen und Schauspieler für ihre Interpretationen von Haupt- und Nebenrollen in Fernsehfilmproduktionen und werden im Rahmen der Solothurner Filmtage verliehen.
Den Preis für die beste weibliche Hauptrolle nahm Anna Pieri für die RTS-Serie «Double vie» von Bruno Deville entgegen. Anna Pieri spiele als Nina Canonico eine postmoderne Frau, die ihre Unabhängigkeit verteidige, aber trotzdem bereit sei, sich einzulassen aufs Leben, wie es daherkomme. Durch die Unmittelbarkeit ihres Spiels, gepaart mit Natürlichkeit, mache Anna Pieri aus Nina Canonico eine Figur mit grossem Identifikationspotenzial. Eine Frau, die mit Energie und Stärke agiere, aber trotzdem nicht alles «mit links» schaffe. Anna Pieris Interpretation einer Frau, die mitten im Leben stehe, sei jenseits empanzipatorischer Ideale und Klischees, und lasse einen dadurch ebensolche hinterfragen, begründete die Jury ihren Entscheid.
Die Auszeichnung für die beste männliche Hauptrolle galt Thibaut Evrard, der ebenfalls für seine Leistung im RTS-Sechsteiler «Double vie» von Bruno Deville ausgezeichnet wurde. Die Jury: «Thibaut Evrard spielt als Robin Favre einen Lebenskünstler mit grossem Herz, der den Zuschauer genauso verführt, wie die zahlreichen Frauen, die ihm im Film erliegen. Ein Womanizer, der gleichzeitig Frauenversteher ist? Mit seinem sensiblen Spiel beweist Thibaut Evrard, dass ein Mann beides auf sich vereinen kann. Den humorvollen und lebensbejahenden Charakter Robins verknüpft er wie selbstverständlich mit dessen Bindungsangst und Flucht vor Verantwortung. Dank dieser überzeugend gespielten Ambivalenz ist Thibaut Evrards Interpretation plausibel und dringt zum Zuschauer durch. Wer Robin ist, ist immer spürbar, deshalb versteht und mag man ihn.»
Beat Marti holte den Preis des besten Nebendarstellers für seine Darstellung des «Urs» im Fernsehfilm «Amur senza fin» von Christoph Schaub ab. In seiner Rolle entfalte Beat Marti sein komödiantisches Potenzial in rätoromanischer Sprache. Subtil und nuanciert interpretiere er den männlichen Part in einer eingeschlafenen Beziehung, die von einem Seitensprung aufgeweckt werde. Gehörnt von seinem Jagdfreund Gieri, räche sich Urs, indem er diesem den Abschuss eines Steinbocks vermassle. Diese kleine Gemeinheit spiele Beat Marti ebenso witzig und leicht abgründig wie die anschliessende Versöhnung beim gemeinsamen Bier. Beat Marti gelinge es, Verklemmtheit «locker» darzustellen, womit sie nicht lächerlich, sondern zum Lachen sei, urteilte die Jury.
Annina Euling überzeugte die Jury in «Weglaufen geht nicht» von Markus Welter als Elodie, die nach einem Unfall an den Rollstuhl gefesselt ist. Sie wurde für ihre Leistung mit dem Spezialpreis der Jury ausgezeichnet: «Annina Euling spielt als Elodie eine junge Frau, die sich nach einem Unfall zurück ins Leben kämpft. Ohne Tristesse und Larmoyanz adaptiert Annina Euling die Rolle der querschnittgelähmten Frau, die (auch) dank dem Sport ihren Schicksalsschlag überwindet. Die physisch extrem fordernde und psychisch komplexe Rolle spielt Annina Euling lebhaft, frisch und modern. Während sich Elodie zu sportlichen Erfolgen treibt, liefert Annina Euling eine ebenso beeindruckende und reife schauspielerische Gesamtleistung.» Da Annina Euling nicht persönlich anwesend sein konnte, bedankte sie sich mit einer Videobotschaft.
Die von SWISSPERFORM gestifteten Schweizer Fernsehfilmpreise sind in jeder Kategorie mit CHF 10’000.- dotiert. Der diesjährigen Jury gehörten die Schauspielerin Charlotte Heinimann, die Produzentin Gabriella de Gara und David Wegmüller, Verantwortlicher des Spezialprogramms «Rencontre» bei den Solothurner Filmtagen, an. Durch die Preisverleihung führte Charlotte Heinimann.